15. Nov. 1954 |
Die Alliierte Kommandantur ergänzt ihre grundsätzliche Anordnung BK/O (49) 180 über die Rückerstattung (vgl. Schriftenr. Bln. Zeitgesch., Bd. 3, S. 345, 26.7.1949, Nr. 92 b) durch BK/O (54) 15 dahingehend, daß auch für Werte, die West-Berliner oder westdeutschen Eigentümern im Gebiet des heutigen sowjetischen Sektors entzogen wurden, Ansprüche auf Rückerstattung erhoben werden können.

56. (Ordentliche) Sitzung des Senats von Berlin.
Der Senat ernennt den bisherigen stellvertretenden Schöneberger Bezirksbürgermeister Dr. Hans Schmiljan (CDU) mit Wirkung vom 1. Januar 1955 zum Nachfolger des in den Ruhestand tretenden Senatsdirektors Paul Hart in der Abteilung Arbeit der Senatsverwaltung für Arbeit und Sozialwesen.

Der Senat beschließt, die Grabstätte des verstorbenen Regierenden Bürgermeisters Ernst Reuter auf dem Zehlendorfer Waldfriedhof in die Obhut der Stadt zu übernehmen.

Die Ost-Berliner "Volksvertretung" tritt unter Leitung ihres Alterspräsidenten Professor Dr. Heinrich Klose zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Sie wählt zu Mitgliedern des Magistrats: Oberbürgermeister Friedrich Ebert (SED) und seine acht Stellvertreter:
Waldemar Schmidt (SED), Max Schneider (NDP),
Herbert Zimmermann (SED), Herbert Fechner (SED),
Wilhelmine Schirmer-Pröscher (LDP), Harry Krebs (SED),
Arnold Gohr (CDU-Ost), Johanna Kuzia (SED)
sowie acht weitere Magistrats-Mitglieder:
Alfred Neumann (SED), Eduard Hieronymus (SED),
August Duschek (SED), Friedel Weiß (SED),
Cäcilie Hentschke (SED), Gerhard Mattner (DBD),
Prof. Dr. Heinrich Klose (parteilos), Klara Schürmann (DFD).
Sekretär des Magistrats wird erneut Johanna Blecha (SED).

Die "Volksvertretung" beschließt, folgende "Ständige Kommissionen" einzusetzen:

  1. Haushalt und Finanzen
  2. örtliche Industrie und Handwerk
  3. Volksbildung
  4. Kunst und kulturelle Massenarbeit
  5. Bau- und Wohnungswesen und ländliches Bauwesen
  6. Volkspolizei
  7. Kommunale Wirtschaft
  8. Handel und Versorgung
  9. Land-und Forstwirtschaft
  10. Verkehr
  11. Jugendfragen
  12. Arbeits- und Berufsausbildung, Sozial- und Gesundheitswesen
  13. Körperkultur und Sport.
In einer Erklärung protestiert die "Volksvertretung" gegen angebliche Pläne des Senats, in der Nähe des Innsbrucker Platzes (Bezirk Schöneberg) ein Wohnhaus mit atombombensicheren Schutzkellern bauen zu lassen, wobei sie sich auf eine Darstellung der kommunistischen "Berliner Zeitung" vom Vortage stützt. Damit sei erwiesen, daß der Senat in seiner "Frontstadtpolitik" sich auf einen Krieg orientiere und davon ausgehe, Berlin als ein Ziel für Atombomben einzukalkulieren. Statt dessen fordert sie eine Unterstützung der "Friedensinitiative" der Sowjetunion und fordert die Bevölkerung zum Kampf um die "demokratische Wiedervereinigung" auf.

Die "Volksvertretung" benennt auf Vorschlag des "Demokratischen Blocks" die 66 Vertreter aus Ost-Berlin für die Volks- und die 13 Vertreter für die Länderkammer der "DDR".

Die Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe stellt in einer Presseverlautbarung fest, daß der Interzonenverkehr auf den Landwegen gegenwärtig so reibungslos verlaufe wie noch nie seit Aufhebung der Blockade im Jahre 1949. Lastkraftwagen, deren Fahrer falsche oder unvollständige Papiere haben, würden von den Kontrollstellen an der Demarkationslinie lediglich zum Ausgangspunkt zurückgeschickt, um die Papiere in Ordnung zu bringen. In Fällen schwerwiegenderer Verstöße gegen Sowjetzonen-Bestimmungen kämen Fahrzeuge nach Zahlung von Strafgebühren durch Besitzer oder Fahrer meistens wieder frei. Das Berliner Transport- und Verkehrsgewerbe weist ergänzend darauf hin, daß fast alle Beanstandungen vermeidbar seien, wenn die bestehenden Interzonenverkehrsbestimmungen beachtet würden.

Die im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstörte und als "Millionenbrücke" bekannte Swinemünder Brücke über die Gleisanlagen am Bahnhof Gesundbrunnen wird in einer Feierstunde von Abgeordnetenhaus-Präsident Professor Suhr, Bausenator Dr. Mahler und dem Weddinger Bezirksbürgermeister Röber wieder dem Verkehr übergeben. Die Wiederherstellungskosten betrugen rund eine Million DM.

In den Räumen des Bühnenclubs am Kurfürstendamm verleiht der Verband deutscher Kritiker die Kritikerpreise für 1953/54 an
die Schauspielerin Ilse Steppat,
den Maler Theodor Werner,
die Solotänzerin Gisela Deege,
den Bildhauer Hans Uhlmann,
den Pianisten Hans Erich Riebensam,
den Schriftsteller Arnold Hauser (London) und
den Architekten Paul Baumgarten.
Weiter erhält der Theaterclub im Berliner "British Centre" einen Preis für seine Darstellungen neuer Dramatiker.

Die Hamburger Illustrierte "Der Stern" setzt ihre Berichterstattung über aktuelle Berliner Fragen unter dem Titel "Der Verdacht genügt" in Form einer Postwurfsendung an alle Haushaltungen fort.


Zitierform: Berlin-Chronik, Online-Version, hrsg. vom Landesarchiv Berlin. - URL: http://www.berlin-chronik.de (Stand: 19.04.2024)